Zukunftswerkstatt von Katholikenrat und Stadtdekanat Bonn 25.2.2012

Die „Zukunftswerkstatt“ unter dem Motto AUF!TRAG Kirche in Bonn, veranstaltet vom Katholikenrat der Stadt Bonn und dem Stadtdekanat begann mit einführenden Worten von Sr. Margret v.Haehling, der Vorsitzenden des Katholikenrates, und Stadtdechant Msgr. Wilfried Schumacher, der den Tag als Fortsetzung des mit dem „Runden Tisch“ im Mai 2011 begonnenen Dialogs auf der Ebene des Stadtdekanats beschrieb. Das Gebet zur Einführung – ein Anruf des Heiligen Geistes – war, darauf wies Schumacher hin, bei den Vätern des II. Vatikanischen Konzils entliehen. Diese hatten es jeweils vor den Sitzungen morgens gesprochen.

 

Beide Tatsachen sind bemerkenswert, zeigen sie doch eine gewisse Standortbestimmung des Stadtdechanten und des Katholikenrates: In der Bischofskonferenz besteht derzeit ein Konflikt mit offenem Ausgang, den einige der Referenten des Tages auch als „Machtkampf“ bezeichneten. Machtkampf zwischen denjenigen, die einen zukunftsorientierten Dialog wollen, und denjenigen, die selbst den Begriff „Dialog“ schon auf das Wort „Gespräch“ abgewertet haben.

 

Zum Zweiten ist auch der Bezug  auf das II. Vatikanische Konzil wichtig, denn hier hat sich die Welt-Kirche deutlich zu einer Weiterentwicklung des Glaubens und der Kirche bekannt. Auch in diesem Fall gibt es eine (größer werdende?) Gruppe von Klerikern, die am liebsten diese Entwicklung auf den vorkonzilialen Zustand zurückdrehen möchte.

 

Die Plätze rund um einen kleinen Kreis mit einer Kerze der Bonner Stadtpatrone und mit Blumengebinden angeordnet, wirkte das Ganze wie ein lokales Kirchenparlament, nur dass hier keine gewählten Vertreter saßen, sondern das Bonner Kirchenvolk selber. Jeder durfte kommen, sollte mitreden und seine Ideen einbringen, welchen Auftrag die Kirche hat und wie sie ihn erfüllen kann. Dazu wurden die 500 Anwesenden – diese Fülle der Interessierten war schon ein Erfolg – zunächst zufällig in Kleingruppen aufgeteilt, in denen sie ihre Erfahrungen und Vorstellungen, wie die Kirche aussehen sollte, austauschten. Menschen jeden Alters, unterschiedlich engagiert und aus allen Gemeinden der Stadt Bonn. Die Äußerungen waren offen und ehrlich, so dass das Gespräch für alle damit sehr positiv war. Viele hatten ähnliche Erfahrungen. Oft wurde die Frage, wie Kirche vor Ort am Leben bleibt, diskutiert – übrigens auch ein Thema des Nachmittags.

 

Alle Ergebnisse sind inzwischen auf den Internetseiten www.auf-trag-kirche.de und www.katholikenrat-bonn.de publiziert worden.  Die Fragen hatten als roten Faden in vielen Beiträgen  Begriffe wie „Heimat“, „persönlicher Kontakt“, „persönliches Kennen der Ansprechpartner (ob Laie oder Kleriker)“, „Glaubwürdigkeit“ .Aber auch die Überlastung der Priester, die man durch den Einsatz von Gemeindeleitern abmildern könnte, das Problem der XXL-Gemeinden und Fragen, wie der Sonntagsgottesdienst gestaltet werden soll und kann, angesichts der weniger werdenden Kleriker, waren Thema.

 

Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen der Referenten, zu deren Gruppen man sich je nach persönlichem Interesse gesellen konnte.

 

Der Regensburger Dogmatik-Professor Wolfgang Beinert ging der Frage nach, wer „die Kirche“ ist – nur die Kleriker oder auch die Nicht-Geweihten. Im Neuen Testament und in der Urgemeinde ist die Sache klar: Zur Kirche gehören alle getauften Christen, seit dem 2. Jahrhundert wurde dann die bekannte Grenzlinie gezogen mit der Konsequenz: Nur die Bischöfe sind maßgebend, letztlich sogar nur der Papst. Alle anderen sind zu Gehorsam verpflichtet. Erst das II. Vatikanum habe wieder zur Sicht des Neuen Testaments zurückgefunden. Beinert: „Seitdem können wir wieder sagen: Wir sind Kirche.“
Freilich sei dies mitnichten umgesetzt, und im Codex Iuris Canonici, dem Rechtsbuch der katholischen Kirche, steht Widersprüchliches: Einerseits heißt es: „Unter allen Gläubigen besteht, und zwar aufgrund ihrer Wiedergeburt in Christus, eine wahre Gleichheit in ihrer Würde und Tätigkeit, kraft der alle je nach ihrer eigenen Stellung und Aufgabe am Aufbau des Leibes Christi mitwirken“. (can. 209), dann aber kommt die Unterscheidung: „Kraft göttlicher Weisung gibt es in der Kirche unter den Gläubigen geistliche Amtsträger, die im Recht auch Kleriker genannt werden; die übrigen dagegen heißen Laien“ (can. 206 § 1). Obwohl es in der Kirche keinen Rechtsschutz gebe und die „Freiheit des Wortes“ nicht gewährt werde, ermutigte Beinert uns, unser Recht einzufordern, an der Kirche mitzugestalten, kritische Fragen zu stellen und uns einzumischen.

 

Beeindruckend war auch Pater Klaus Mertes SJ, der nach zehn Jahren als Leiter des Canisius Kollegs in Berlin jetzt Direktor des Jesuitenkollegs St. Blasien ist. Er referierte (locker, ohne Manuskript, ohne Mikrophon und Im Stehen) über Kirche und Gesprächskultur: Wie kann eine evangeliums- und zeitgemäße Kommunikation aussehen? Seine These: Form der Verkündigung und Art der Kommunikation sind entscheidend dafür, wie glaubwürdig Kirche nach Innen und Außen ist.

 

Er berichtete über seine persönliche Suche nach Glaubwürdigkeit – im Orden, bei den Armen in Berlin, bei Eltern in der Schule und an vielen anderen Stellen. Er postuliert, dass jeder sich selbst um Glaubwürdigkeit bemühen muss. Das Maß an Glaubwürdigkeit,  das der Kirche als Ganzer und einzelnen Personen darin zugebilligt wird, werde von vielen anderen Personen und Institutionen bestimmt und könne daher nur peu à peu wieder durch wahrhaftige, offene und klare Kommunikation zurück gewonnen werden.

 

Zum Abschluss haben wir Adressen ausgetauscht und unser Interesse an  unterschiedlichen Arbeitsgruppen bekundet, die die Anregungen des Tages weiterverfolgen werden, so dass eine gute Chance besteht, dass der aufgenommene Dialog im Stadtdekanat Bonn auch weiterentwickelt wird. Stadtdechant Schumacher nennt das „kleine Werkstätten“. Themen dabei u.a.: „Frauen in der Kirche“, „Die Sprache der heutigen Menschen sprechen – wie geht das?“, „Glaubenswissen für Kinder und Jugendliche“, „Wieviel Kirche kann nach den Fusionen in der Kirche vor Ort noch leben?“,  „Wie kann Pfarrleben aktiviert werden?“, „Die Armen in die Mitte stellen“.

 

Insgesamt keine verlorene Zeit am Samstag, sondern ein interessanter Tag mit neuen Kontakten, interessanten Gesprächen und der Erfahrung, dass Wünsche und Anregungen der 500 Teilnehmer gar nicht so weit auseinander liegen.

 

Martin Utsch und Brigitte Linden

Statements:
Ich fand es ermutigend und inspirierend, dass sich rund 500 Menschen zusammengefunden haben, um über die Zukunft der Kirche in Bonn zu sprechen  und Perspektiven zu entwickeln, wie wir kirchliches Leben in Bonn im 21. Jahrhundert gestalten und unseren Auftrag als Christen erfüllen können.                                             Dr. Hubertus Wolfgarten

 

Ich begrüße das Engagement des Katholikenrates mit der Vorsitzenden Schw.
v. Haehling und des Stadtdechanten Msgr. Wilfried Schumacher. Ich hoffe aber
auch, dass die Ideen und Wünsche aus der Zukunftswerkstatt nicht in
Arbeitsgruppen versanden, sondern an die Entscheidungsträger im Erzbistum
weitergegeben werden und dass dann auch notwendige Veränderungen umgesetzt
werden, um einen Dialog auf Augenhöhe zu erreichen.                 Lilo Patt-Krahe


Auch an diesen Stellen wurde darüber berichtet.



Publik-Forum

 

EINLADUNG

 

am Mittwoch, dem 2. März, findet die Veranstaltung »Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch« statt - in Zusammenarbeit mit dem Forum für Kirche und Politik e. V. und der KAB Troisdorf-Sieglar.

Auf dem Podium diskutieren die Theologen Prof. Dr. Hans-Joachim Höhn (Köln), Prof. Dr. Karl-Wilhelm Merks (Tilburg / NL jetzt Bonn) und Prof. Dr. Andreas Michel (Köln) unter der Leitung von Joachim Sikora (KSI-Direktor a. D.); anschließend haben auch Sie Gelegenheit zur Wortmeldung.

 

Veranstaltungsort: Stadtmuseum Siegburg, Markt 46, 53721 Siegburg

 

Parken: Parkhaus des Kreishauses dann zu Fuß auf den Marktplatz gehen (2 Minuten) oder

im Parkhaus am oder auf dem Parkplatz neben dem ICE Bahnhof, dann zu Fuß unter dem Bahnhof her, ebenfalls 2 Minuten


Beginn: 19 Uhr

Kontakt: Joachim Sikora, 02241/390397